Die Wahrheit über Wohnzimmer Fliesen Ja Oder Nein Wird Gleich Enthüllt



Wohnzimmer Fliesen Ja Oder Nein

Manchmal kommt es vor, dass Verstorbene mehrere Tage in ihrer Wohnung unentdeckt liegen – der Leichengeruch bohrt sich in Wände und Möbel. Dann wird die Tatortreinigungsfirma HR-Clean aus Gundelfingen (Freiburg) gerufen. Wie es sich anfühlt, in fremden Wohnungen Blut wegzukratzen.

Obwohl sie eine Atemmaske und einen Schutzanzug trägt, bohrt sich ein süßlich-penetranter Duft gegen ihren Willen in ihre Haut – und gibt ihr ein ungutes, schmutziges Gefühl. Blutspritzer haften noch an Wänden im Wohnzimmer, und das Blut, das vor ein paar Tagen noch durch den Parkettboden sickerte, ist längst getrocknet. Die Leiche liegt im Bestattungsinstitut – der Geruch nach faulem Fleisch bleibt dennoch zurück.

Verwesungsgeruch vermischt sich mit Müllduft

»Der erste Tatort bleibt mir in Erinnerung«, erzählt eine Tatortreinigerin der Firma HR-Clean aus Gundelfingen (Freiburg) im Gespräch mit der Mittelbadischen  Presse. Die Quereinsteigerin ist mittlerweile abgehärtet. Doch an eine Wohnung erinnert sie sich ganz genau: »Sie struggle komplett zugemüllt, und es fühlte sich wie auf einem Trampelpfad an, um zum eigentlichen Tatort zu gelangen.« Sie musste sich Schritt für Schritt durch die Wohnung durcharbeiten. Der Verwesungsgeruch vermischte sich mit Müllduft. Das zu überspielen sei auch nach Jahren im Beruf nicht so einfach. 

»Kaugummi und Pfefferminzbonbons helfen dabei. Manche schmieren sich auch Mentholsalbe unter die Nase«, sagt sie. »Was hast du gesehen? Ekelst du dich nicht?«, wird sie hin und wieder von Bekannten  und Freunden gefragt. Seit zwei Jahren räumt die Freiburgerin dort auf, wo wenige putzen wollen. Sie kratzt Blutreste von Wänden oder von Fliesen. »Solange nichts am Boden krabbelt, ist es harmlos«, scherzt sie und es scheint so, als ob der Beruf ohne schwarzen Humor nicht ganz so einfach wäre.

Manchmal Stunden, manchmal Tage

Geschäftsführer Michael Rahneberg kam die Idee einer Tatortreingungsfirma durch die Bekanntschaft mit einem Gerichtsmediziner. Eine Herausfordeurng, da es in der Branche bisher kaum Firmen gebe.
Hunderte von Tatorten hat die Mitarbeiterin schon gereinigt, und dabei ist jeder anders. »Man weiß nie genau, was auf einen zukommt, wenn der Auftrag von Angehörigen oder dem Bestattungsinstitut kommt.« Manchmal dauere es nur zwei bis drei Stunden, um die Wohnung auf Hochglanz zu polieren –  manchmal sogar Tage.

Das Reinigungsteam ist bei seinen Einsätzen, zu denen es zweimal die Woche gerufen wird, immer woanders: Mal sind es ältere Menschen, deren Verwandte nicht im Umkreis leben, und sie erst nach Tagen tot in der Wohnung finden – »wenn Nachbarn einen komischen Geruch bemerken«. Hin und wieder seien es auch Selbstmorde. Und das sei – aus putztechnischen Gründen – durchaus vorteilhafter: »Das klingt jetzt komisch, aber jemand, der sich erhängt, macht eben keine große Sauerei«, sagt sie nüchtern. 

Die Bezahlung falle unterschiedlich aus und hänge mit dem Umfang der Reinigungsarbeiten ab: »Das fängt bei 250 bis three hundred Euro an«. Es komme immer darauf an, wie groß das Chaos vor Ort sei, wie viele Quadratmeter und Einrichtungsgegenstände letztlich entsorgt werden müssten – und das kann einiges sein. 

Blutreste auf Holzmöbeln

Bei den Einsätzen verwenden die Mitarbeiter der Firma HR-Clean Reinigungsmittel, die besonders desinfizierende Inhaltsstoffe enthalten, um so gut wie möglich alle vorhandenen Keime zu entfernen. »Mit Ozongeräten wird die Luft von schlechten Gerüchen befreit. Diese stellen wir dann je nach Raumgröße für ein paar Stunden oder über Nacht in den Raum«, erzählt sie weiter.

Vor allem Blutreste auf Holzmöbeln und Böden seien hartnäckig und rapid nicht zu entfernen. »Oftmals muss der Boden dann rausgerissen werden.« Denn Leichengeruch in den Möbeln – das wolle niemand. »Im Grunde ist es ähnlich, wie wenn man beim Lagerfeuer sitzt und am Abend noch geduscht hat. Am nächsten Tag stinken die Haare manchmal doch noch nach Rauch«, erläutert sie und fügt hinzu: »Nur eben ist es dann der Duft nach Verwesung.« Genau aus diesem Grund duschen die Mitarbeiter der HR-Clean Firma nach jedem Auftrag. »Es sitzt trotz Schutzanzug tief in der Haut – und das will jeder einfach schnell loswerden.« 

Die Leiche selbst sieht ein Tatortreiniger nie. Und  das sei auch intestine so. Distanz und Diskretion seien in der Branche wichtig. »Unser Firmenauto ist nicht auffällig beschriftet, denn wir wollen die Aufmerksamkeit der Nachbarn nicht auf united states of americaziehen.« Ein sensibler Umgang mit den Angehörigen habe immer Priorität. »Wenn ich die Arbeit beginne, mache ich die Tür zu dem Raum zu, damit Verwandte oder Bekannte nicht mit meiner Arbeit konfrontiert werden.« 

Die gelernte Gebäudereinigerin hat einen Zusatzlehrgang gemacht, um bei Tatorten sauber machen zu dürfen und sich geprüfte Desinfektorin zu nennen. »Dort lernt man unter anderem, wie guy den Ganzkörperanzug richtig auszieht, um sich die Keime nicht auf die saubere Kleidung zu wischen.« 

Kopf ausschalten

Doch eines müsse jeder Tatortreiniger selbst lernen: wie er mit den Bildern, die er vorfindet, umgeht. »Wenn ich den Tatort betrete, schalte ich meinen Kopf aus – das passiert ganz automatisch«, sagt die Freiburgerin und versucht sich keine Gedanken zu machen, wo und was sie konkret reinigt – sie tut es einfach. Hin und wieder findet sie doch Haarbüschel – dann schluckt sie kurz und versucht zu vergessen, dass sie bei einem Tatort putzt. Ekel gehöre dazu.
 
Ob sie auch bei ihren Angehörigen die Tätigkeit ausführen könnte, weiß sie nicht. Sie stockt – in ihrem Beruf falle schließlich ein entscheidender Faktor weg: die emotionale Bindung. In den zwei Jahren, in denen sie hinter dem Tod aufräumt, ist sie resistenter geworden, doch hat sich der Umgang mit dem Sterben und dem Tod an sich verändert?

»Das würde ich nicht sagen«, sagt sie und fügt dann doch hinzu: »Unterbewusst rufe ich vielleicht regelmäßiger bei meiner Mutter an« – guy kann nie wissen, wann es soweit ist.

Die Arbeit des Tatortreinigers ist ein noch sehr junges Berufsbild. Aus diesem Grund gibt es noch keine feste Regelung für den Werdegang. Oftmals geht die Ausbildung des Gebäudereinigers voraus. Dabei handelt es sich um eine dreijährige Ausbildung, die im Anschluss durch Zusatzlehrgänge erweitert wird. Diese Ausbildung wird von verschiedenen Schulen angeboten und ist meist, abhängig von der Schule, in zirka drei bis sechs Wochen zu absolvieren und schließt mit einer Prüfung zum staatlich geprüften Desinfektor ab. Desinfektoren werden auch in Krankenhäusern und Pflegeheimen eingesetzt, da auch dort gewisse hygienische Grundregeln zum Vermeiden von Infektionen eingehalten werden müssen. Auch der Selbstschutz des Reinigungspersonals ist hierbei ein wichtiger Punkt. Des Weiteren gibt es noch Zusatzseminare, die nur wenige Tage beinhalten und sich ganz speziell mit den Gegebenheiten von Leichenfundorten befassen.